Friedrich Nietzsche – Die fröhliche Wissenschaft

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Volltextlesung von Axel Grube
2 MP3-CD in Digifile-Papphülle
Spielzeit: 14 St. 36 Min.
ISBN 978-3-939511-38-0
Produktion,  Ausstattung und Sprecher:  Axel Grube
Musik: keit (Detlef Klepsch und Axel Grube)

Die Fröhliche Wissenschaft stellt, auch in der zeitlichen Umrahmung des Zarathustra, mit den Ausgaben von 1882 und 1887 ein Schlüsselwerk in der Reihe der Schriften Nietzsches dar. Es gibt die Zeit eines zu-sich-Kommens, einer Gesundung wieder, die auch im Untertitel la gaya scienza, als Verweis auf das romanische Erlebnis zum Ausdruck kommt: In der 1887 hinzugefügten Vorrede zur zweiten Ausgabe betont Nietzsche die Teilnahme der ganzen Person in der Philosophie. Gesundung bedeutet für ihn so vor allem, Befreiung von den Schimären einer ›reinen Vernunft‹ und der systematischen Philosophie seiner Herkunft: Dieses Stück Wüste, Erschöpfung, Unglaube …

Was Wunders, dass dabei viel Unvernünftiges und Närrisches an’s Licht kommt … Ja, es gibt Stücke unter den 383 Aphorismen, bei denen ich – als Lautleser in der Tradition einer mündlichen Überlieferung – durchaus erwog, diese nicht lesen zu wollen. Etwa das Stück zur ›Euthanasie‹ mit der Stimme eines ›Heiligen‹. (Zweites Buch, 73. Heilige Grausamkeit)

Aber bei der doch weit überwiegenden Fülle von Schönheit und feinsinniger Bedeutsamkeit, mag es dem Leser und Hörer möglich sein, die Dinge selbst für sich einzuordnen.

So kommt es bei der fröhlichen Wissenschaft vielleicht mehr denn je darauf an – nach dem Hinweis von Karl Jaspers – Nietzsche nicht in der Haltung als Empfänger einer ›Lehre‹ zu lesen, sondern, in Anbetracht auch der zahlreichen Widersprüche, sein Werk als Tableau zur Herausbildung des eigenen Denkens und Fühlens zu erfahren:

Folgen wir der Bewegung in Nietzsches Gedanken, machen wir nicht Halt bei irgendeiner Position, die uns grade gefällt, so geraten wir mit ihm jedesmal in den Wirbel: Die Widersprüche lassen uns nicht zur Ruhe kommen, weil gerade durch sie in ihnen selbst die Wahrheit sich ankündigt, die als solche nirgends selbst da ist. (Karl Jaspers)

Die schillernden Widersprüche sind ja oft auch Teil suchender, tastender Gedankenspiele. So zitiert Nietzsche z.B. häufig – als ein Menetekel der anbrechenden Moderne – den alten Sassaniden-Spruch: Nichts ist wahr, alles ist erlaubt … Fragt auch: Warum überhaupt Wahrheit und preist den Schein, die Illusion als vitales Element – um dann aber wieder leidenschaftlich für das Wahre einzustehen:

Was ist mir Gutherzigkeit, Feinheit und Genie, wenn der Mensch dieser Tugenden schlaffe Gefühle im Glauben und Urteilen bei sich duldet, wenn das Verlangen nach Gewissheit ihm nicht als die innerste Begierde und tiefste Not gilt – (…) Inmitten der ganzen wundervollen Ungewißheit und Vieldeutigkeit des Daseins stehen und nicht fragen, nicht zittern vor Begierde und Lust des Fragens (…) das ist es was ich als verächtlich empfinde (…) Die Leidenschaft für das trotz aller Rücksichten »Wahre« ist die höchste – und darum seltenste bisher!«

Nietzsche selbst hat die Aufnahme seiner Texte im Sinne einer Eigenständigkeit des Lesers oft betont. Das allerdings bedeutet keine Indifferenz gegenüber einem Kern seines denkerischen Beweggrunds, der auch bei dem Philosophen Nietzsche vor allem in der Persönlichkeit, in seiner Person selbst liegt:

Hört mich! Denn ich bin der und der! Verwechselt mich vor allem nicht!

(Aus dem Vorwort von Ecce Homo)

Vor allem im ebenfalls in der zweite Ausgabe hinzugfügten 5. Buch der fröhlichen Wissenschaft – des von ihm so bezeichneten persönlichsten Werks – erscheinen Motive, die Nietzsches Privatmoral (Nietzsche) erahnen lassen:

Wir sind, mit Einem Worte — und es soll unser Ehrenwort sein! — gute Europäer, die Erben Europa’s, die reichen, überhäuften, aber auch überreich verpflichteten Erben von Jahrtausenden des europäischen Geistes: als solche auch dem Christenthum entwachsen und abhold, und gerade, weil wir aus ihm gewachsen sind, weil unsre Vorfahren Christen von rücksichtsloser Rechtschaffenheit des Christenthums waren (…) Wir — thun desgleichen. Wofür doch? Für unsern Unglauben? Für jede Art Unglauben? Nein, das wisst ihr besser, meine Freunde! Das verborgne Ja in euch ist stärker als alle Neins und Vielleichts, an denen ihr mit eurer Zeit krank seid; und wenn ihr auf’s Meer müsst, ihr Auswanderer, so zwingt dazu auch euch — ein Glaube! … (Die fröhliche Wissenschaft, 5. Buch, 377)